Neues Jahr, neue Crowdfundings. In unserer Interview-Reihe „Was steht an im Jahr 2015“ befragen wir Crowdfunding- und Crowdinvestingplattformen zu ihren aktuellen Plänen.
Beginnen möchten wir mit der Crowdfunding-Plattform fairplaid: fairplaid richtet sich an Sportbegeisterte: Sportmannschaften sammeln Geld für Trikots, Sportplatzsanierungen, öffentlich zugängliche Sportangebote. Bei fairplaid handelt es sich um Reward-based Crowdfunding.
Was beim Zuschauer ankommt von Spiel und Sport ist Energie und Begeisterung, doch hinter den Kulissen zeigt sich, wie stark die finanzielle Belastung für Sportvereine ist: Das Handballerinnen-Team Füchse Berlin Reinickendorf beispielsweise hat den Sprung in die erste Liga geschafft und konnte mithilfe der Crowd 5.000 Euro für Reisekosten, Lizenzen, Schiedsrichter und Kampfgerichte zusammentrommeln (Projekt anschauen).
fairplaid hat zum Zeitpunkt des Interviews (Januar 2015) rund 171.000 Euro von insgesamt 2.766 Unterstützern einsammeln und so 58 Projekte erfolgreich finanzieren können, und die Zahlen steigen wie auf allen Crowdfunding-Plattformen täglich. Vor zwei Wochen beispielsweise waren es noch drei finanzierte Projekte weniger, man kann also auch dieser Special-Interest-Plattform beim Wachstum zuschauen. Die fairplaid-Geschäftsführerin Marthe-Victoria Lorenz verriet uns, worauf sich Sportler und Crowd im gestarteten Jahr und in den weiteren folgenden – im Rahmen der „Agenda 2020“ – freuen dürfen.
Frau Lorenz, wenn Sie das vergangene Jahr Revue passieren lassen: Was waren die größten Erfolge, die fairplaid 2014 verzeichnen konnte?
Marthe-Victoria Lorenz: Hier steht an oberster Stelle die sehr kooperative und enge Zusammenarbeit mit der BW Bank, die uns als erstes großes Partnerunternehmen ihr Vertrauen geschenkt hat. Im Februar 2014 ist auf Initiative der BW Bank die Plattform bw-crowd.de gestartet, die nicht nur Sportler, sondern umfassender soziale Projekte unterstützt und unser spezifiziertes Bonusprogramm mitführt. Vor allem in der Region Baden-Württemberg kommen wir hier einen großen Schritt weiter.
Dann ist für mich natürlich jedes erfolgreich finanzierte Projekt auf fairplaid ein Erfolg – egal mit welcher Höhe. Wir freuen uns immer tierisch, wenn die Projekte umgesetzt werden und wir die Statistik nach oben korrigieren dürfen (derzeit bei ca. 170.000 €). Alle tragen zu unserem großen Ziel bei, die Vielfalt im Sport zu erhalten und die 10 Mio. Euro Sportförderung für alle zu erreichen. Mit jedem neuen Projekt und der Verbreitung der Idee von fairplaid.org sind wir auch in 2014 einen Schritt weitergekommen.
Ein großer Erfolg ist für mich auch der Zuwachs in unserem Team. Alle hängen an der Sache an sich und geben dafür alles. Dies ist nicht selbstverständlich und ich schätze das ganze Team sehr.
Wie hebt sich fairplaid von den weiteren existierenden Crowdfunding-Plattformen ab?
ML: Da ist natürlich zum einen die Zielgruppe: Auf fairplaid halten sich Sportler und sportaffine Menschen auf. Ich sehe fairplaid hierbei nicht als reine Crowdfunding-Plattform, sondern als Partner an der Seite der Vereine, wenn es um Sportförderung geht. Crowdfunding stellt hierbei einen großen Teil dar, da es als Marktplatz Netzwerkeffekte ermöglicht, die auch für Sponsoren interessant sind und damit auch kleinen Vereinen und Randsportarten zu einer Förderung verhelfen kann.
Ein weiterer Unterschied ist die spezifische Betreuung. Da wir alle selbst aktive Sportler im Verein sind, kennen wir die Herausforderungen, die auf Projektstarter warten – z.B. wenn konservative Vorstände erst überzeugt werden müssen, das Projekt zu legitimieren oder wenn man neben dem Vollzeitjob und zwei Kindern zu Hause eine Jugendmannschaft betreut und dann noch ein Crowdfunding-Projekt vermarkten soll, um derselben Trikots zu ermöglichen.
Der größte Unterschied aber ist das Prämiensystem. Der Großteil der Crowdfunding-Plattformen ermöglicht es kreativen Projekten Gelder zu sammeln. Das Thema Sportförderung ist da etwas ganz Anderes. Im Sport können die Projektstarter bei erfolgreich finanziertem Projekt keine Anteile an einer tollen Firmenidee vergeben, oder den fertig produzierten Film auf DVD. Deswegen akquirieren wir Unternehmen und andere Vereine, die den Projektstartern derartige Prämien zur Verfügung stellen. So erhält man für 10 € z.B. zwei Tickets des Bundesliga-Clubs Uni Riesen Leipzig, die sonst 20 € kosten würden. Diese Vorgehensweise haben wir noch bei keiner anderen Plattform gesehen, vielleicht auch weil es beim Sport speziell notwendig ist.
Aus welchem Grund begeben sich Einzelsportler und Sportvereine auf Crowdfunding-Mission?
ML: Crowdfunding schließt die Lücke zwischen dem klassischen Sportsponsoring von Unternehmen und der Förderung durch die Kommunen. Wir sprechen deshalb immer von der 3. Säule der Sportförderung. Sponsoren engagieren sich zu 81 % im Fußball, bei Bundesligavereinen, im Motorsport, Golf, dort wo die Turniere und Spiele im Fernsehen gezeigt und von vielen Menschen gesehen werden. Lokale Unternehmen wandern für Werbung immer mehr ins Internet ab, lässt sich hier doch jeder Klick nachvollziehen und wird nur hierfür bezahlt. Der Großteil der 91.000 Vereine in Deutschland fällt bei Sponsoren also durchs Raster, bzw. es muss lange und aufwendig gesucht werden. Die Kommunen auf der anderen Seite finanzieren v.a. die Infrastruktur, eine neue Halle, Geräte oder Ähnliches, Zuschüsse werden immer stärker gekürzt. Förderanträge bei diesen oder auch bei Sportstiftungen können sich schon mal bis zu 6 Monate hinziehen und sind mit Bürokratie überhäuft. Die Konsequenz war häufig, dass die Vereine Projekte einfach gestrichen oder nicht durchgeführt haben.
Crowdfunding löst nun genau diese Probleme. Ein Projekt zu starten geht relativ schnell und einfach. Es öffnet zudem mehr Türen in weniger Zeit. Da man als Unternehmen oder Person nicht gleich das ganze Projekt trägt, ist die Hemmschwelle geringer, teilzuhaben.
Welche Crowdfunding-Projekte stehen im gestarteten Jahr 2015 an?
ML: Das kann ich gar nicht voraussagen. Ende 2014 haben wir das Projekt der Amputierten-Fußballnationalmannschaft innerhalb von einem Tag freigeschaltet, die Mannschaft hat in 12 Tagen dann 16.000 € gesammelt. Es geht also meist alles sehr spontan und schnell, ein Projektstarter meldet sich mit einer Idee oder einem Vorhaben und wir arbeiten innerhalb weniger Tage daran. Ich freue mich aber immer wieder über Projekte von Sportarten, von denen man noch nie etwas gehört hat. Viele unterschiedliche Sportarten, unterschiedliche Wünsche und Träume, die mit Hilfe von fairplaid verwirklicht werden können! Das steht an 🙂
Was wird sich bei fairplaid außerdem tun in diesem Jahr, sind spezielle Vorhaben geplant?
ML: Im Zentrum unserer Aktivitäten steht unsere Mission, die wir Ende 2014 gefasst haben: 10 Millionen Sportförderung mit Hilfe von Crowdfunding auf fairplaid.org in den nächsten 5 Jahren – unsere Agenda 2020 sozusagen. Hierfür setzen wir komplett auf Content Marketing und greifen auf unserem Blog (zum Blog) Themen für Sportler auf, die sich nicht nur darum drehen, wie ich mein Crowdfunding-Projekt erfolgreich mache, sondern wie ich im Vornhinein eine Community aufbauen kann, wie ich mit weniger Zeit mehr erreichen kann, wie mir Tools aus dem Internet helfen, mehr Menschen zu erreichen. Denn je besser die Aufstellung eines Teams, einer Mannschaft vor dem Start einer Kampagne, desto erfolgreicher verläuft sie.
Wir werden zudem unser Bonusprogramm weiter ausbauen und hierbei nicht nur Unternehmen ins Boot holen, sondern auch prominente Sportler oder Vereine, die Produkte oder auch Meet & Greets für andere Projekte zur Verfügung stellen. Wir sind außerdem stark aktiv in der Akquirierung weiterer Unternehmenspartner im Co-Sponsoring-Bereich und führen Gespräche mit interessanten potentiellen Partnern, zu denen ich derzeit aber noch nichts Konkretes sagen kann.
Wo sehen Sie fairplaid in 5 Jahren?
ML: In meiner Vision und mit unserer Agenda 2020 streben wir natürlich mit voller Kraft auf die 10 Millionen-Marke in Deutschland zu. Wir haben strategische Partnerschaften mit dem organisierten Sport und sind anerkannter und etablierter Partner als dritte Säule der Sportförderung. Ich sehe uns außerdem die ersten Schritte in Richtung Europa gehen.
Frau Lorenz, vielen Dank für das Interview! Wir sind gespannt auf die kommenden Crowdfunding-Kampagnen!
Weitere Informationen: fairplaid-Website, fairplaid auf Facebook
Bildnachweise: Marthe-Victoria Lorenz: © Ioanna Naoumis; Screenshot: © fairplaid; Logo: © fairplaid