Es ist das bislang größte Crowdinvesting Deutschlands. In der zweiten Finanzierungsrunde möchte die NTS GmbH 3,5 Millionen Euro über die Crowd einsammeln. Das Crowdinvesting findet bei Deutsche Mikroinvest statt. Mit dem Kapital soll ein innovatives Windkraft-Projekt finanziert werden: Die X-Wind-Technologie. Das Konzept ist so einfach, wie es genial ist. Man nehme ein geschlossenes Schienensystem, stelle darauf Fahrzeuge und lasse diese von Winddrachen ziehen. Auf diese Weise wird Strom effizienter als mit herkömmlichen Windkraftanlagen erzeugt. Eine Anlage mit 2 Kilometern Länge und 24 Energiedrachen kann 35.000 Haushalte mit grünem Strom versorgen – und zwar rund um die Uhr.
Wir haben mit Uwe Ahrens, dem Gründer und Geschäftsführer von NTS X-Wind, über die technischen und finanziellen Feinheiten des Projekts gesprochen.
Herr Ahrens, wie würden Sie einen technikaffinen Investor von Ihrem Projekt überzeugen?
Uwe Ahrens: Unsere X-Höhenwind-Technologie hebt sich durch mehrere Aspekte von anderen Technologien ab. Die sogenannte Energieernte findet in den stabilen und stetigen Windschichten zwischen 200 und 500 Metern Höhe statt. Wenn sich die Windgeschwindigkeit verdoppelt, steigt die Energie mit der dritten Potenz, das heißt beispielsweise: dreifache Windgeschwindigkeit bedeutet 27-fache Energiemenge. Und diese ernten wir mit simpler Technik, die sich über Jahrzehnte bewährt hat.
Inwiefern?
UA: Wir verwenden Standardschienen, wie sie schon seit über 100 Jahren in der Eisenbahntechnik verwendet werden. Darauf lassen wir die ebenfalls seit Jahrzehnten erprobte Komponenten des Drehgestells von Elektrozügen fahren, um damit den Strom zu erzeugen. Der Strom wird über Stromschienen ins Netz gespeist. Die Zugkraft zur Energieerzeugung wird über Energiedrachen und extrem leichte Seile über Servomotoren in das Drehgestell eingeleitet. Alle Komponenten sind also erprobt, haben ihre eigenen Prüfungsvorschriften und sogar ihre eigenen Recyclinganweisungen.
Welche Vorteile gibt es im Vergleich zu beispielsweise Windrädern?
UA: Da gibt es zwei Vorteile. Zum einen können die Energiedrachen jeweils in der optimalen Höhe ernten. Bei zu starkem Wind können sie sich quasi ducken und in windschwächeren Höhen Energie ernten, während konventionelle Windkraftanlagen bereits abgeschaltet werden müssen. Der wesentliche Vorteil der X-Wind-Technologie ist aber die Möglichkeit, auch in Schwachwindphasen die Energiedrachen in der Luft zu halten.
Was würden Sie zu einem Investor sagen, der lediglich sein Kapital sinnvoll anlegen will?
UA: Eines der Hauptprobleme der Öko-Energie ist der Preis. Solange die Herstellkosten für erneuerbare Energie deutlich höher sind als aus fossilen Brennstoffen, werden sie subventioniert werden müssen. Damit ist der Willkür der Politik Tür und Tor geöffnet. Eine erneuerbare Energiequelle, die wettbewerbsfähig gegenüber fossilen Brennstoffen ist, kann sich aber auf internationaler Ebene durchsetzen. Zumal die wesentlichen wertschöpfenden Komponenten in den jeweiligen Ländern selbst produziert werden können. Ein Investment in die X-Wind-Technologie kann also den weltweiten Strommarkt wettbewerbsfähig und hoch profitabel bedienen.
Erzählen Sie uns mehr über die erste Anlage!
UA: Die erste Anlage ist bereits gebaut. Es ist eine 400 Meter lange Teststrecke, die die wesentlichen Erfolgsnachweise bereits geliefert hat: Nämlich die Erzeugung des elektrischen Stroms und das voll automatische Fliegen im Crosswind – sowohl im Rücken- als auch im Gegenwind.
Wie weit sind Sie mit den weiteren Planungen?
UA: Während der Bau der Teststrecke ein fünfjähriges Zulassungsverfahren benötigt hat, wurde der Vorführrundkurs bereits innerhalb eines Jahres genehmigt. Es gibt ein Gutachten, welches die grundsätzliche Genehmigungsfähigkeit der Technik, bestätigt. Eine Studie des Fraunhofer Institutes bestätigt die betriebswirtschaftliche Profitabilität. Darüber hinaus legt eine weitere Studie die technische Machbarkeit dar.
Werden die Erneuerbaren Energien in Deutschland ausreichend gefördert?
UA: Heutzutage werden den erneuerbaren Energien zu hohe Kosten vorgeworfen. Würde man aber einmal fair zum Beispiel die Kernkraft durchrechnen, würde man feststellen, dass auch dieser Strom erheblich teurer wäre, wenn man die ganzen im Wesentlichen geförderten Entwicklungskosten und vor allem die Rückbaukosten einrechnet. Wenn man darüber hinaus noch die gesamten Nebenkosten der Umweltverschmutzung zu den Strompreisen aus fossilen Brennstoffen addieren würde, wären auch diese allesamt völlig unwirtschaftlich. Also, um es klipp und klar zu sagen: Die erneuerbaren Energien werden erheblich zu gering gefördert. Indirekt subventionieren wir doch alle die fossilen Brennstoffe, da die Katastrophenkosten aus Umweltschäden auf uns alle verteilt werden.
3,5 Millionen Euro sind ein ambitioniertes Ziel für ein Crowdinvesting, oder?
UA: Ja, damit fällt dem Crowdfunding eine Aufgabe zu, die eigentlich vom Venture Capital übernommen werden müsste – im Prinzip absurd. Aber heutzutage ist es ja auch ein Abenteuer, Geld auf das Sparbuch zu bringen. Erstens gibt es nur 0,4 Prozent Zinsen, und bei den vielen Bankenpleiten ist auch die Sicherheit längst nicht mehr gegeben. Mit einem Crowdinvesting in eine erneuerbare Energie tut man auf jeden Fall etwas Gutes.
Soll das gesamte Projekt durch die Crowd finanziert werden? Sind weitere Geldgeber beteiligt? Werden zusätzlich Bankkredite in Anspruch genommen?
UA: Natürlich verlassen wir uns nicht nur auf die 3,5 Millionen aus dem Crowdfunding, sondern reden auch noch mit allen anderen Finanzierungskanälen. So hat sich zum Beispiel eine deutsche Energiegenossenschaft gegründet, die demnächst eine NTS-Anlage in Auftrag geben wird.
Wann erwarten Sie die ersten Gewinne beziehungsweise könnten zum ersten Mal Zinsen auszahlen?
UA: Zinsen werden natürlich – wie im partiarischen Darlehen definiert – ab sofort bezahlt. Ob das sinnvoll ist, kann ich nicht entscheiden. Aber es ist ja grundsätzlich so: Wenn man irgendwo investiert, braucht es eine Zeit, bis das eingesetzte Kapital auch Ertrag bringt. Die Problematik steckt eher in der Mentalität der Anleger. Erträge werden halt sofort erwartet, auch wenn man sie indirekt mitfinanziert. Unsere derzeitige Planung sieht vor, dass wir ab 2016 erste Gewinne erzielen werden.
Vielen Dank für das Interview und ganz viel Erfolg für Ihr Projekt!
Weitere Informationen: NTS-Website, X-Wind bei Deutsche Mikroinvest, NTS bei Facebook.