EcoCrowd ist die Crowdfunding-Plattform der Deutschen Umweltstiftung mit Sitz in Berlin. EcoCrowd ging Ende Oktober 2014 online und bietet nachhaltigen Umwelt-Projekten, die sich nicht aus eigener Tasche tragen, eine Finanzierungsplattform (Reward-based Crowdfunding). Jörg Sommer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Umweltstiftung und Initiator von EcoCrowd, sprach mit uns über Nachhaltigkeitskriterien und die Erfolgsfaktoren hinter EcoCrowd.
Exkurs: Crowdfunding von Umweltprojekten gewinnt an Dynamik: Die vier in der Crowdfinanzierung-Studie von für-gründer.de berücksichtigten Plattformen für ökologisches Crowdfunding EcoCrowd, Econeers, bettervest und GreenVesting erreichten 2014 ein gemeinsames Finanzierungsvolumen von 1,7 Mio. Euro und bereits Ende Januar 2015 ein Volumen von 1,2 Mio. Euro (Quelle). Insgesamt existieren acht auf Umwelt- und Nachhaltigkeitsprojekte spezialisierte Crowdfunding-Plattformen auf dem deutschsprachigen Markt, überwiegend jedoch solche, die Equity-based Crowdfunding (Crowdinvesting), also Investitionen in Projekte bei Gewinnbeteiligung, vermitteln: Diese sind crowdEner.gy, Econeers, Green Crowding, GreenVesting, greenXmoney. LeihDeinerUmweltGeld betreibt eine Plattform für Crowdlending. Reset.org und Betterplace sind Spendenplattformen für ökologische (und soziale) Projekte. Auf Gegenleistungen basierendes Crowdfunding (Reward-based) für nachhaltige Projekte bietet neben EcoCrowd außerdem die niederländisch-deutsche öko-soziale Crowdfunding-Plattform Oneplanetcrowd an.
Das bisherige Resümee der EcoCrowd kann sich sehen lassen: Zwei Drittel der Projekte bis dato wurden erfolgreich finanziert, eines davon, die Bienensauna zur Abwendung des Massen-Bienensterbens, mit besonders großem Erfolg: 10.000 Euro waren das Fundingziel, mit 64.400 Euro wurde das Projekt 6-fach überfinanziert.
Die gemeinnützige Deutsche Umweltstiftung mit Sitz in Berlin, Betreiberin der EcoCrowd, hat seit ihrer Entstehung vor 30 Jahren über 300 Umweltprojekte initiiert. Jörg Sommer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Umweltstiftung, ist Schriftseller und Journalist, Mitherausgeber der Zeitschrift „movum“ sowie des JAHRBUCH ÖKOLOGIE und darüber hinaus in zahlreichen Beiräten und Gremien der Nachhaltigkeit aktiv. Jörg Sommer berichtet im Interview über erste Erfolge, die Handlungsweise und Entwicklung von EcoCrowd:
Herr Sommer, wie unterstützt EcoCrowd die Arbeit der Deutschen Umweltstiftung?
Jörg Sommer: Die Deutsche Umweltstiftung ist die älteste Bürgerstiftung Deutschlands. Als solche bekommt sie immer wieder Anfragen von spannenden, nachhaltigen Projekten, die Finanzierung benötigen. Aufgrund begrenzter Ressourcen können wir als operative Stiftung leider nur wenige davon fördern. Was wir aber tun können, ist unser in 30 Jahren gesammeltes Wissen zur Umsetzung nachhaltiger Projekte mit Finanzierungsbedarf weiterzugeben und den Projekten somit „Hilfe zur Selbsthilfe“ zu vermitteln. Dafür haben wir die EcoCrowd gegründet – eine Crowdfunding-Community für nachhaltige Projekte.
Insbesondere auf dem Crowdinvesting-Markt reihen sich mittlerweile einige Plattformen für Umweltprojekte aneinander. Denken Sie, dass sich diese Entwicklung im Reward-based-Crowdfunding weiterführen wird und auch dort bald weitere Plattformen entstehen?
Jörg Sommer: Absolut! Das Interesse an nachhaltigen Themen in Verbindung mit Crowdfunding ist groß. Das zeigte sich bereits daran, dass schon vor dem offiziellen Start der Plattform im Oktober 2014 über 10.000 Euro an Spenden zusammenkamen und sich über 1.500 Fans auf Facebook für EcoCrowd begeistert haben. Aber auch die steigenden Nutzerzahlen und Umsätze, die auf Crowdfunding-Plattformen im Allgemeinen bereits erzielt werden, sprechen für sich. Insbesondere beim Thema Nachhaltigkeit bietet Crowdfunding einen entscheidenden Vorteil: Menschen, die sich vornehmen, etwas in der Welt zu bewirken, sehen sich oft vor dem Problem, dass sie sich allein zu klein dafür fühlen. Da sich beim Crowdfunding viele Menschen für ein konkretes Ziel zusammenschließen, wird aus vielen einzelnen Beiträgen schnell eine große Masse, die etwas ins Rollen bringt.
Dieser Einsatz wird zusätzlich mit einem Tauschgut belohnt, das dem Wert nach zwischen der Höhe des geleisteten Beitrages variiert. Allerdings achten viele Nutzer vor allem bei guten Kampagnen gar nicht so sehr auf den Preis ihres Tauschgutes, sondern rechnen in ihre Unterstützung schon gleich einen ideellen Wert ein, der in der freien Wirtschaft, aber auch beim Crowdinvesting oft wegrationalisiert wird. Neben finanziellen Vorteilen entsteht so durch Crowdfunding vor allem eine emotionale Beteiligung der Unterstützer am Projekt. Mit einem Kredit bei der Bank oder einem bloßen Investment passiert so etwas nicht. Aufgrund dessen ist für Crowdfunding im Bereich Nachhaltigkeit ein klarer Trend sichtbar und auch weiterhin zu erwarten.
Wie grenzen sich die beiden Reward-based Crowdfunding-Plattformen für nachhaltige Projekte EcoCrowd und Oneplanetcrowd voneinander ab?
Jörg Sommer: Das sind zwei völlig unterschiedliche Konzepte mit unterschiedlichem Hintergrund und auch ganz unterschiedlichem Anliegen. Oneplanetcrowd ist der Versuch, ein von niederländischen Investoren gestartetes Projekt nun nach Deutschland zu exportieren und konzentriert sich im Grunde auf (soziale) Unternehmungen. Es ist also eher ein aus der Ökonomie stammendes Konzept, mit durchaus begrüßenswerten Ansätzen, allerdings hier in Deutschland auch mit eher ökonomisch orientierten Partnern.
EcoCrowd ist nicht aus der Ökonomie sondern tatsächlich aus der hiesigen Umweltbewegung und dem bürgerschaftlichem Engagement entstanden. Wir verstehen uns weniger als ökonomisches Instrument sondern als eine gesellschaftlich engagierte Community. Entsprechend hoch hängen unsere Kriterien und entsprechend aufwändig sind unsere – stets kostenfreien – Beratungsprozesse.
EcoCrowd legt dabei besonders großen Wert auf den Nachhaltigkeitsaspekt und bewertet die Projekte daher anhand von spezifischen Nachhaltigkeitskriterien, die den Unterstützern gewährleistet, dass die Projekte auch wirklich einen nachhaltigen Beitrag zur Verbesserung oder dem Schutz von Flora, Fauna und Mensch leisten. Diese Kriterien haben wir gemeinsam mit unserem Beirat entwickelt, in dem sich namhafte Nachhaltigkeitsexperten aus Wissenschaft, Wirtschaft, Medien und öffentlichen Institutionen engagieren.
Zusätzlich haben wir uns dazu entschieden, nie mehr als 20 Projekte gleichzeitig auf der Plattform zur Finanzierung zuzulassen. So verlieren unsere Nutzer nicht den Überblick und jedes Projekt bekommt die Aufmerksamkeit, die es verdient.
Projekte, die über EcoCrowd finanziert werden sollen, müssen sich über ein Webformular bewerben und unter anderem die eben angesprochenen EcoCrowd-Richtlinien erfüllen. Was sind die entscheidenden Kriterien für ein „go“ von EcoCrowd?
Jörg Sommer: Wir betrachten sowohl den Output als auch den Input der Projekte, um zu garantieren, dass ein Mehrwert für die Umwelt durch den Einsatz von nachhaltigen Konzepten und Ressourcen geschaffen wird. Die Projekte sollten dabei transparent vorgehen, übertragbar und langfristig auslegt sein.
Außerdem sollten sie den Unterstützern die Möglichkeit bieten, sich über die Finanzierung hinaus für das Projekt engagieren zu können. Unsere Leitlinien sollen und können nicht ausschließlich sein, aber sie sichern die Qualität der Projekte auf unserer Plattform. Mit ihrer Hilfe können wir ein hohes Maß an Fairness und Transparenz bei der Projektbewertung sicherstellen.
Können Sie anhand des überaus geglückten Projekts „Bienen-Sauna“ Erfolgsfaktoren für Umweltprojekte auf EcoCrowd nennen?
Jörg Sommer: Zunächst einmal sollte man den Zeit- und Arbeitsaufwand einer Crowdfunding-Kampagne nicht unterschätzen. Die Kampagne ist nicht automatisch erfolgreich, sobald sie auf der Plattform gestartet ist. Es kommt von Anfang an darauf an, vielen Leuten von dem Projekt zu erzählen, sie mitzureißen und dazu zu motivieren, das Projekt zu unterstützen. Dabei sollten sie regelmäßig mit Updates über den Stand der Kampagne versorgt werden. Die Bienensauna konnte mit 262 Unterstützern besonders viele Menschen von ihrem Projekt überzeugen.
Wichtig ist es auch, die Unterstützer mit Persönlichkeit und Engagement für sich zu gewinnen. Dazu leistet ein kurzes, aber originelles Video, in dem sich der Projektinitiator vorstellt und seine Idee erklärt, schon einen großen Beitrag. Es sollte jedem potentiellen Unterstützer klar werden, was genau mit dem gesammelten Geld passiert, und wo genau der Mehrwert für Mensch und Umwelt liegt. Das ist auch der Bienensauna gelungen. In dem Video wird deutlich, was das Problem ist und wie es wirksam bekämpft werden kann. Dabei gehen die Initiatoren auch auf die Bedeutung der Biene für unsere Umwelt ein. Alle wichtigen Informationen werden auf diese Weise kurz und bündig präsentiert.
Außerdem ist es wichtig, das eigene Netzwerk richtig einzuschätzen und zu mobilisieren. Sehr hilfreich kann es auch sein, sowohl die örtlichen Medien auf das Projekt anzusprechen, als auch Onlinemedien und Social Media, wie Facebook und Twitter, zu nutzen. Auch hier ist die Bienensauna gut vorgegangen. Das Problem mit der Varroamilbe betrifft viele Imker, die dadurch natürlich an einer Lösung interessiert sind und sich sofort angesprochen fühlten. So konnte das Projekt bereits in den ersten Tagen die angestrebte Finanzierungssumme von 10.000 Euro erreichen. Durch diesen schnellen Erfolg wurden auch die Medien aufmerksam, was der Bienensauna viel Berichterstattung einbrachte, die unterstützend bei der Kampagne wirkten.
Die Projekte sollen mithilfe der Crowd auf EcoCrowd nicht nur finanziert, sondern auch weiterentwickelt werden. Wie macht EcoCrowd das möglich?
Jörg Sommer: Auf EcoCrowd versammelt sich eine Community von Menschen aus ganz unterschiedlichen Milieus aber mit dem gemeinsamen Interesse, die Welt besser und lebenswerter zu machen. EcoCrowd legt Wert darauf, diese Initiativen miteinander zu vernetzen, sodass der größtmögliche Einfluss erzielt werden kann und das Potential, aus mehreren kleinen konzeptionellen Beiträgen eine große Projektidee zu entwickeln, sich verstärkt. Daraus kann sich eine ganz eigene Dynamik entwickeln, die Großes bewirken kann. Die Vernetzung dieser Ideen wird auch weiterhin ein Schwerpunkt unserer zukünftigen Arbeit sein.
EcoCrowd hat sich von Anfang an über eine große Usergemeinde freuen können. Wie ist es dazu gekommen?
Jörg Sommer: EcoCrowd war von Anfang an ein Community-Projekt, an dem viele unserer über 2.000 Stifterinnen und Stifter beteiligt waren. Das Konzept haben wir über ein Jahr lang gemeinsam mit ehrenamtlich engagierten Profis aus allen Bereichen entwickelt – Programmierer, Webdesigner, Marketing-Profis und renommierte Hochschulprofessoren haben mitgewirkt.
Das sorgte letztlich fast automatisch dafür, dass sich schnell eine große Community bildete. Diese haben wir zu jedem Zeitpunkt transparent mit Informationen versorgt. Bereits vor dem Start der Plattform konnten Interessierte erste Eindrücke auf der Pilotseite sammeln, den Blog sowie den Newsletter lesen, die Aktivitäten auf Facebook verfolgen und sich direkt mit ihrer Projektidee über das Formular „mitmachen“ bewerben. So kam es auch dazu, dass wir inzwischen eine große Gruppe an Partnern aus der Nachhaltigkeitsszene haben, die das Projekt gemeinsam mit der Deutschen Umweltstiftung tragen. Vom Öko-Institut über das Umweltbundesamt bis hin zu Euronatur und mehreren Hochschulen ist auch das eine sehr spannende Mischung.
Bereits nach wenigen Monaten Laufzeit wird EcoCrowd also nicht von „Kunden“ genutzt, sondern ist eine sehr virale, bunte Community geworden – die nach wie vor täglich wächst und viele Möglichkeiten zum Mitmachen bietet.
Letztendlich hängt dies aber auch mit dem wachsenden gesellschaftlichen Interesse an Umweltschutz und Ökologie zusammen. Immer mehr Menschen möchten sich gezielt für ihre Umwelt einsetzen und einen konkreten Beitrag leisten. EcoCrowd bietet diesen Menschen einen Ort, an dem sie genau das tun können. Ich glaube, deshalb erfährt EcoCrowd auch so viel Zuspruch: Weil es den Leuten die Chance gibt, ganz konkret anfangen zu können.
Herr Sommer, vielen Dank für das Interview! Wir freuen uns auf viele tolle ökologische Initiativen und wünschen EcoCrowd viel Erfolg bei deren Unterstützung.
Weitere Informationen: EcoCrowd-Plattform, EcoCrowd auf Facebook, EcoCrowd bei Twitter, Website der Deutschen Umweltstiftung
Bildnachweis: © EcoCrowd
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