simplesurance steht unter den Fittichen vom Inkubator Rheingau Founders. Wie gestaltet sich die Unterstützung neben der finanziellen Komponente?
Robin von Hein: „Unterstützen“ trifft es recht gut! Ich habe simplesurance zusammen mit den Rheingau Founders gegründet. Von ihnen kam die Gründungsfinanzierung. Am Anfang, und das war auch sehr positiv, war es ein sehr starkes Miteinander – gerade beim Aufbau des Unternehmens in den ersten beiden Jahr und den Finanzierungsrunden. Das nimmt natürlich mit der Zeit – umso erwachsener ein Unternehmen wird – ab. Mittlerweile pflegen wir einen sehr guten und kreativen Austausch, beispielsweise beim Vergleich bestimmter KPIs und bei der Internationalisierung. Die Rheingau Founders hat ihr Netzwerk sehr stark für uns geöffnet. Im fortgeschrittenen Stadium ist es jetzt sehr hilfreich, jemanden an seiner Seite zu wissen, der zwar nah dran ist und dennoch mit einer Vogelperspektive auf das Ganze blickt. Das Team von Rheingau Founders fordert uns heraus weiterzudenken und auch mal den Blickwinkel zu verschieben.
Zuletzt hat simplesurance auch eine große Investition von der Venture Capital-Gesellschaft Route 66 erhalten. Wie kam der Kontakt zustande?
Robin von Hein: Wir haben letzten Sommer mit dem klassischen Fundraising angefangen und uns im Zuge dessen mit verschiedenen großen Venture Capital-Unternehmen ausgetauscht. Uns war es wichtig herauszufinden wer zu uns passt, denn für uns ist Venture Capital nicht nur reines Geldinvestment. Unser Ziel war es, Smart Money zu erhalten, das uns zusätzlichen Wert liefert.
Wir hatten das Glück, mit mehreren Investoren sehr gute Gespräche zu führen und großes Interesse entgegengebracht zu bekommen. Den Kontakt zu Route 66 vermittelte uns dann ein anderer Venture-Fonds, der uns gern selbst unterstützt hätte, jedoch ein zu stark abweichendes Portfolio aufweist. Ein amerikanischer VC ist eher die Seltenheit bei deutschen Unternehmen, aber für uns und die Internationalisierung hat es einen extremen Mehrwert geliefert. Die Jungs von Route 66 denken sehr operativ und sind auch sofort für uns in den kreativen Austausch gegangen: Wohin kann das Unternehmen noch expandieren, was ist der nächste Schritt? Dadurch haben wir uns sehr schnell gut aufgehoben gefühlt.
Auch ein zu den Fortune500 zählender Investor aus der Versicherungsbranche hat sich am jüngsten Investment aus den USA in Gesamthöhe von 8,1 Millionen Dollar beteiligt. Welche inhaltliche Bedeutung hat es für simplesurance, wenn ein Investor aus der traditionellen Versicherungsbranche hinzukommt?
Robin von Hein: simplesurance wächst momentan sehr stark. Gerade in Hinblick dessen ist es ein großer Mehrwert, einen Investor aus dem Kerngeschäft des Versicherungsbereichs zu haben, der uns insbesondere bei der Internationalisierung und bei der Produktentwicklung als Partner zur Seite steht, aber letztendlich nicht die Zügel in der Hand hat.
Von Seiten des Investors geht es vor allem darum, digital zu lernen. Wir bringen zwei Welten zusammen und sind somit ein idealer Partner.
Ist ein Zusammenwachsen und gegenseitiges Interesse von traditionellen und innovativen Marktteilnehmern erkennbar?
Robin von Hein: In der Versicherungswirtschaft ist dies inzwischen erkennbar, aber sehr langsam und meiner Ansicht nach noch viel zögerlicher als in anderen Märkten. Zum Fortschritt tragen alle Jungunternehmer bei, die auf digitaler Ebene an der Versicherungswirtschaft teilnehmen. Der Stand wie es zum Beispiel im klassischen E-Commerce ist, so weit sind wir noch nicht, das dauert wohl noch ein bisschen. Aber das ist natürlich zugleich eine sehr große Chance für uns.
Welche Gründe sind die entscheidenden, die Investoren von einer Beteiligung an simplesurance überzeugen?
Robin von Hein: Die Gründe sind abhängig von der Phase eines Start-ups: In sehr frühen Phasen geht es zu 90 Prozent ums Team und zu 10 Prozent um die Idee: Eine Idee kann noch so gut sein, ohne ein hochwertiges Team wird man sie nur schwer zum Laufen bringen. Andersherum bin ich aber überzeugt, dass ein sehr gutes Team selbst eine weniger vielversprechende Idee erfolgreich umsetzen kann.
Zu einer fortgeschrittenen Unternehmensphase geht der Fokus über in den Aspekt der Performance: Kunden-Portfolio und Umsatz-Wachstum –dieses Modell später auch mit zusätzlichen Aspekten wie der Internationalisierung.
Viele Start-ups lassen ihre Expansionsphase durch die Crowd finanzieren. Wie stehen Sie zu Crowdinvesting in Bezug auf Schutzklick, was spricht für bzw. gegen Crowdinvesting als zukünftige Co-Finanzierungsstrategie?
Robin von Hein: Für simplesurance ist das keine Option mehr. Unsere letzte Finanzierungsrunde betrug über 8 Millionen Dollar. Es wäre das erste Mal, dass die Crowd in Europa eine solche Summe stemmen würde (grinst). Für Crowdfunding sind wir als Unternehmen also schon viel zu weit, außerdem achten wir bei der Auswahl jedes einzelnen Investoren stark auf den zusätzlichen Wert, den der Investor durch sein Netzwerk und die potenzielle inhaltliche Zusammenarbeit einbringt.
Prinzipiell bin ich Crowdfunding gegenüber aber durchaus positiv eingestellt. In meinen Augen hängt es sehr stark vom Modell und dem Nutzen ab, den die Gründer daraus ziehen, ob Crowdfunding sinnvoll ist oder nicht. Für Modelle, die durch die Crowd sofort einen Impact haben, ergibt es sehr viel Sinn. Die Identifikation durch die Crowd beispielsweise ist bei B2C-Produkten tendenziell höher. Bei B2B-oder Technik-lastigen Modellen ist der direkte Mehrwert durch die Crowd begrenzt, sodass ich dort immer eher zu einer klassischen Venture-Struktur tendieren würde. Aber natürlich muss die Frage für oder wider ein Crowdfunding immer differenziert in Hinblick auf das jeweilige Geschäftsmodell und Gründerteam beantwortet werden.
Allerdings beschränkt sich die Zusammenarbeit mit der Crowd ja nicht auf die finanzielle Komponente: Wir haben in der Vergangenheit schon auf verschiedene Arten mit einer Crowd zusammengearbeitet, sei es im Grafikdesign oder bei der Slogan-Entwicklung. Bei der Entwicklung unserer B2B-Technologie haben wir die UX-Userflow durch eine Crowd bewerten lassen. Die Zusammenarbeit mit der Crowd ist für uns ein guter Test, durch den sich auch immer ein aussagekräftiger Trend abzeichnet.
Würde das simplesurance-Team Ideen, die die Crowd aus eigener Motivation heranträgt, berücksichtigten und gegebenenfalls umsetzen?
Robin von Hein: Wir würden es auf jeden Fall in Erwägung ziehen, selbstverständlich unter Berücksichtigung der Überlegungen, ob die Idee realistisch umzusetzen und der Markt groß genug ist. Wenn wir jedoch an die grundlegenden Punkte einen grünen Haken setzen können, würden wir eine Idee aus der Crowd durchaus weiterverfolgen. In unserem Customer Care-Center holen wir ja beispielsweise auch das Feedback vom Endkunden ein. Anhand dessen prüfen wir das Optimierungspotenzial unserer Technik und unsere Produkte. Unabhängig davon, ob es die Crowd ist oder einzelne Kunden, sind wir also grundsätzlich für jedes Feedback sehr dankbar!
Unsere letzte Frage, Herr von Hein: Wie sind Sie persönlich zur Fintech-Branche gekommen?
Robin von Hein: Ich habe Versicherungsbetriebswirtschaft studiert, komme also aus dem traditionellen Bereich der Versicherungsbranche, ebenso wie ein großer Teil meiner Familie. Ich bin da also von Kindesbeinen an hereingewachsen.
Zwei Freunde von mir gründeten vor mehr als zehn Jahren ihr erstes Digital-Unternehmen, und zwar wortwörtlich aus dem Jugendzimmer heraus, und ich durfte sie dabei begleiten: Sie haben damals von ihrem Schreibtisch aus den Online-Tausch von Gameboy-Spielen initiiert.
Das war mein erster Kontakt zu Start-ups. Anschließend habe ich während meiner Studienzeit für verschiedene Start-ups Risikoanalysen und Versicherungsprodukte entwickelt.
Nach meinem Studium war ich bei einer Unternehmensberatung in der Schweiz und bin dann auf die Rheingau Founders getroffen. Wir haben uns gefragt, wieso es in der Versicherungswirtschaft so wenig Digitalisierung und Innovationen gibt. Mit Rheingau Founders und mir haben wir zwei Blickwinkel an einen Tisch gebracht: Digitales Knowledge von Seiten der Rheingau Founders und Versicherungs- und Prozesswissen von meiner Seite. So ergab sich mein Einstieg in die Fintech-Branche.